Politiker zwitschern immer lauter: Im Vergleich zu den Wahlen vor vier Jahren sind National- und Ständeräte 2015 viel aktiver unterwegs auf Facebook und Twitter. Wie eine aktuelle Analyse zeigt, veröffentlichen sie jedoch nicht mehr wild Familien- oder Ferienfotos, sondern gehen strategisch vor: Die Politiker achten auf den politischen Bezug ihrer Postings und zielen darauf ab, in traditionellen Medien erwähnt zu werden.
Kein anderes Schweizer Parlamentsmitglied hat eine grössere Facebook-Community als die SVP-Nationalrätin (vgl. Rangliste unten). Rickli ist in Sachen Social Media Vorreiterin, doch die anderen Parlamentarier holen auf: Wie aktiv sind National- und Ständeratskandidaten im Wahlkampf 2015 auf Facebook- und Twitter? Und wie hat sich das Engagement der Wiederkandidierenden im Vergleich zu 2011 verändert?
Diese Fragen beantwortet eine Analyse des Zürcher Kommunikationsberaters Philipp Koller. Der Inhaber der Agentur "Raum Für Kommunikation" hat vom 18. bis 23. September mittels quantitativer Inhaltsanalyse die Webseiten und die Social-Media-Kanäle sämtlicher bisheriger wiederkandidierender 174 National- und 35 Ständeräte untersucht.
Keine wilden Fotopostings mehr
Wie die Ergebnisse zeigen, verfügen 131 der 174 Kandidaten über einen Facebook-Account. Dieser wird meist täglich gepflegt. Nur 19 sind verwaist oder nicht zugänglich. Dies in starkem Kontrast zu 2011: Damals wurden lediglich 32 Facebook-Kanäle aktiv betrieben. Inhaltlich werden die Konten politischer geführt. Private Beiträge ohne Politbezug finden sich selten. 53 der Kanäle beinhalten Informationen zum eigenen politischen Handeln, in 34 Fällen berichten sie über den eigenen Wahlkampf und in 23 Fällen mobilisieren die Beiträge überwiegend dazu, zu wählen oder Wahlveranstaltungen zu besuchen.
Facebook wird im Gegensatz zu den letzten Wahlen nicht mehr für rein private Postings gebraucht. Politiker posten zwar noch persönliche Fotos, jedoch haben diese immer einen politischen Bezug, so das Fazit der Analyse. Die Politiker wollen jedoch über Social Media nicht nur potentielle Wähler ansprechen. "Implizit wissen heute sowohl die Parteien wie auch die Kandidaten, dass Sie auch auf dem Radar der Journalisten sind", sagt Koller. Denn Einerseits wollten sie auf diesem Feld gegenüber der Konkurrenz nicht ins Hintertreffen geraten, andererseits biete sich ihnen die Möglichkeit, mit individuellen Aktionen von den traditionellen Medien aufgegriffen zu werden.
Tweets sind wenig authentisch
Nicht nur Facebook, auch Twitter werde heute viel stärker strategisch genutzt: "Früher sah man dort oft auch Privates. Heute ist der Kurznachrichtendienst für viele National- und Ständeräte zu einem politisch betriebenen Tool geworden, wo Botschaften schnell, ungefiltert und doch persönlich platziert werden können. Noch vor vier Jahren hatten die Politiker zwar ein Profil, sie haben es jedoch fast nicht benutzt", sagt Koller. Heute beobachtet er fast keine solchen inaktiven Konten mehr. Das heisst: Wer einen Account errichtet hat, nutzt ihn auch.
So postet und twittert das Parlament
im Wahlkampf
Erschienen in: persoenlich / Autor: eh
DIENSTLEISTUNGEN
PROFIL
«Soziales Netzwerk im Bundeshaus»
Social-Media-Studie zu den Eidgenössischen Wahlen 2011.
MANAGEMENT SUMMARY
RFK ermittelte den Einsatz der Sozialen Medien im Wahlkampf 2015 anhand einer quantitativen Inhaltsanalyse von Homepages und Social-Media-Kanälen aller 174 wiederkandidierenden National- und 35 Ständeräte. 75% der Nationalräte verfügen über Facebook und sind darauf aktiv. Am engagiertesten sind dort die Kandidaten der SP, dann der SVP, der FDP, der CVP, der GPS, der GLP und der BDP. Am stärksten mobilisiert auf Facebook die SVP, dann die SP, die GLP und die CVP.
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1. Nationalrat
a) Facebook
Hinter Natalie Rickli, über die zweitgrösse Facebook-Community verfügt zum Zeitpunkt der Untersuchung Ende September 2015 Cédric Wermuth.
b) Twitter
Viel-Twitterer haben nicht zwingend die meisten Follower. So erreicht Cédric Wermuth mit weniger als der Hälfte der Tweets von Balthasar Glättli die doppelte Anzahl Follower, und Christoph Mörgeli kommt mit 696 Tweets auf fast so viele Follower wie Jacqueline Badran.
2. Ständerat
a) Facebook
17 Ständeräte verfügen über Facebook. Auch hier zeigt sich ein deutlich stärkeres Engagement als bei den letzten Wahlen.
14 betreiben die Kanäle regelmässig.
b) Twitter
In Bezug auf das Engagement bei Twitter ist das Gefälle im Ständerat sehr gross. Christian Levrat twittert beinahe dreimal so viel wie Filippo Lombardi mit 513 Tweets. Roberto Zanetti, der 2006 das Twitter-Ranking anführte, ist heute an dritter Stelle. SP-Präsident führt auch bezüglich Twitter-Followers. Mit 17'500 liegt er leicht hinter Rickli.
3. Webseite mit Spendenkonto-Angabe
Gaben 2011 noch 9 Nationalräte ein Spendenkonto an, sind es 2015 mindestens 31, welche die Kontoangaben gut auffindbar auf ihrer persönlichen Webseite anbringen.
Auch wenn die Aktivität spürbar zunimmt und professioneller wird: Von einem Social-Media-Wahlkampf à la Amerika kann in der Schweiz keine Rede sein. Dazu wird es laut Philipp Koller auch bei den nächsten Wahlen 2019 nicht kommen. "Vielparteiensystem, Proporzwahlen, Föderalismus und nicht zuletzt die kleinen Wahlkampfbudgets verhindern eine polarisierende Massenmoblisierung wie in den USA", sagt er.
Social Media habe sich jedoch als fester Bestandteil im Massnahmen-Mix der Wahlkampagnen etabliert, sowohl auf Ebene der Parteien, als auch auf der persönlichen Ebene jedes einzelnen National- und Ständerats. Diese Entwicklung werde sich fortsetzen. Die Politiker haben laut Koller realisiert, dass sie in Internet-Communitys aktiv und aussagekräftig sein müssten. Zudem seien sie vorsichtiger geworden. Politiker posten und twittern also überlegter und nicht mehr so impulsiv wie auch schon. (eh)
«Social Federal»
Social-Media-Studie zu den Eidgenössischen Wahlen 2015.
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