Blockchain - Auch für die Kunst Ein Thema?
Erschienen in: Ensuite Nr. 178 September 2017 / von Philipp Koller
Bei einer Diskussion über die Digitalisierung des Kunstmarktes soll auch das Thema Blockchain nicht fehlen. In aller Munde und bisher vorranging aus dem Finanzwesen bekannt, taucht es neuerdings auch im Kunstbereich auf. Noch befinden sich die meisten Projekte in der Experimentierphase, doch kann ein kurzer Überblick über die verschiedenen Ausprägungen nicht schaden.
Kurz zum Begriff: Unter der Blockchain wird eine digitale Technologie verstanden, die Transaktionen in kryptographische Datensätze verpackt und diese an die Datensätze vorangehender Transaktionen reiht. Angenommen ein Gut wird nach Ankauf durch A an B weiterverkauft, so werden diese zwei Transaktionen als zwei aneinandergehängte Datenblöcke aufgezeichnet. Dies wiederholt sich bei jeder weiteren Transaktion. Die Datenblöcke werden nicht gelöscht und bleiben dadurch stets einsehbar. Die Blockchain zeichnet sich ferner durch eine dezentrale Netzwerkstruktur aus. Jedes Mitglied (Rechner) des Netzwerkes verfügt über eine Kopie der Datenblöcke und überprüft die Rechtmässigkeit der Transaktionen. Erst wenn eine Transaktion von sämtlichen Rechnern im Netzwerk autorisiert wird, kann die Transaktion ausgelöst werden. Es gibt also keine zentrale Instanz, die letztlich entscheidet. Nur das gesamte Netzwerk kann das.
Indem Buch über sämtliche Transaktionen geführt wird, sorgt die Blockchain für Transparenz. Indem Transaktionen von unzähligen Rechnern unabhängig autorisiert und vom gesamten Netzwerk gleichzeitig freigegeben werden müssen, verhindert sie Manipulationen und indem keine zentrale Instanz als Mittler agiert, spart sie Transaktionskosten ein. Nachteile: Die Anonymität soll Geldwäsche und Steuerflucht erleichtern, einfache Transaktionen dauern noch verhältnismässig lange und die Daten erfordern auf Dauer Unmengen an Rechenkapazität.
Die Blockchain-Technologie lag als erstes der Kryptowährung Bitcoin zugrunde. Mit ihr sollte 2009 ein dezentrales, von Staaten und Banken unabhängiges Geldwesen ins Leben gerufen werden. Seither hat sich die Technologie emanzipiert und findet zunehmend in anderen Bereichen Anwendung.
Wo ist die Blockchain nun im Kunstwesen anzutreffen? Zum einen können Kunstwerke in ganz seltenen Fällen mit Bitcoins erworben werden. Der reinen Akzeptanz von Bitcoins im klassischen Kunsthandel scheint hier jedoch kein weitläufigeres Konzept zugrunde zu liegen, es sei denn, dadurch eine innovative Klientel anzusprechen oder schlicht die aktuelle mediale Aufmerksamkeit nutzen zu wollen. Nicht unterstellen wollen wir, dass durch die Anonymität kriminelle Handlungen unterstützt werden sollen.
Sinnvoller erscheint hier der Ansatz, durch die Blockchain urheber- und eigentumsrechtlich schwierig zu schützende digitale Kunstwerke zu lizenzieren. Indem Nutzungsreche an einem Kunstwerk in der Blockchain eingebaut werden, soll dieses handel- und sammelbar werden. Eine solche Lizenz hat vor einigen Jahren der Digitalkünstler Stephan Vogler entwickelt. Dabei verhindert die Lizenz keine Raubkopien. Sie erbringt lediglich den Nachweis, dass eine einzelne Person im Besitz des exklusiven Nutzungsrechts ist.
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Konsequent umgesetzt ist dieser Ansatz etwa bei der Onlinegalerie Cointemporary, welche die Kunstwerke ausschliesslich in Bitcoins veräussert und mit der in der Blockchain aufgezeichneten Eigentümerkette nicht nur vor Verfälschung, sondern auch vor Diebstahl schützen soll. Geht man dem Konzept etwas nach, scheint es sich bislang nicht durgesetzt zu haben. Es finden sich wenig Anbieter für digitale Kunst und das Thema hatte seinen Peak im Jahre 2015. Dies mag zum einen im abstrakten Konstrukt des Nutzungsrechts liegen, das identische Kopien doch nicht zu verhindern vermag und zum anderen daran, dass die Komplexität der Technologie im Vergleich zu einem einfachen schriftlichen Vertrag etwas unverhältnismässig erscheint.
Progressiv geht die Onlineplattform Maecenas vor. Sie bietet Eigentümern von hochpreisigen Kunstwerken an, einen Anteil von bis zu 49% pro Werk zu veräussern. Dies entlastet den Besitzer einerseits finanziell und soll andererseits einer Vielzahl weniger vermögender Kunstliebhaber die Chance geben, ebenfalls in den Besitz eines Picassos oder Van Goghs zu kommen. Der Clou daran ist, dass die in Bitcoin erworbenen Anteile an den Werken ohne weitere Expertenbestätigung weitergehandelt werden können, da die anfänglich von Experten eingeholte Echtheitsgarantie in der Blockchain dokumentiert ist. Dies erhöht die Vertrauenswürdigkeit und spart Transaktionskosten ein. Die Plattform will insbesondere Museen und Sammlern zu mehr Liquidität verhelfen. Ob die Anteile tatsächlich die Herzen versierter Kunstfreunde höherschlagen lässt oder ob dadurch bloss der Spekulation freien Lauf gelassen wird, sei dahingestellt.
Im Kunstwesen ist die Blockchain als reine Technologie somit vorerst im Feld der digitalen Kunst anzutreffen. In dieser Nische konnte sie jedoch noch keine Revolution entfachen. Im Handel verheissen dokumentierte Echtheits- und Eigentümernachweise geringere Transaktionskosten. Auf der Geldebene gereicht den Kunstprojekten schliesslich die Unsicherheit über die Kryptowährungen zum Nachteil. Einerseits ist hier die hohe Volatilität zu nennen. So lag der Wechselkurs für einen Bitcoin in diesem Juni bei rund 3’000 Dollar, bevor er im Juli auf 1’900 Dollar tauchte. Andererseits ist dies auch auf die zunehmend regulatorischen Massnahmen zurückzuführen – Staaten und traditionellen Banken ist ein dezentrales Geldwesen gleichermassen suspekt. Hier setzte Anfang September der Entscheid Chinas, die Lancierung neuer Kryptowährungen zu verbieten, ein wegweisendes Zeichen. Somit gilt es, das operationale Potenzial der Blockchain auch in der Kunst noch weiter auszuloten und bei kommerziellen Projekten die finalen regulatorischen Rahmenbedingen abzuwarten.
*Philipp Koller ist Inhaber der Beratungsfirma Raum Für Kommunikation. Bei artensuite behandelt er seit 2013 regelmässig aktuelle Themen des Kunstmarktes. www.raumfuerkommunikation.ch
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